Artikel aus der Rote Hilfe Zeitung (RHZ)
„... zwei Deckadressen für Briefe, eine Paketadresse, eine Kurierstelle“
Die Rote Hilfe Bremen und ihre Vorbereitung auf die Illegalität 1933
Silke Makowski (Hans-Litten-Archiv)
Als Reaktion auf die Repressionswelle
nach dem Mitteldeutschen Aufstand
wurden im Frühjahr 1921 flächende-
ckend Rote-Hilfe-Komitees gegründet,
die zunächst eng an die Kommunisti-
sche Partei angeschlossen waren.
„Lauft Sturm gegen die faschistischen Blutgerichte!“
Die illegale Rote Hilfe Deutschlands in Mannheim
Silke Makowski (Hans-Litten-Archiv)
Schon früh war Mannheim eine re-
gionale Hochburg der Roten Hilfe
Deutschlands (RHD), die mit Die Bastille ab 1925 eine eigene Publika-
tion herausgab. Verantwortlich für die
Zeitung zeichnete der Landtagsabge-
ordnete der Kommunistischen Partei
(KPD) Georg Lechleiter, der bereits
1922 eine führende Rolle im RHD-
Bezirkskomitee Baden spielte. Im
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Herbst 1932 wies der Gesamtbezirk
Baden-Pfalz 8.381 RHD-Mitglieder
auf, die sich vor allem auf die Indus-
triestädte Mannheim und Ludwigsha-
fen konzentrierten, doch die insgesamt
145 Ortsgruppen waren selbst in klei-
nen Gemeinden tätig. Mannheim war
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Sitz der Bezirksleitung, deren Büro
einschließlich der Rechtsschutzkom-
mission zuletzt in den innenstädti-
schen Quadraten in E3, 1a lag.
„Anzeichen, dass irgendetwas im Apparat nicht stimmt“
von Silke Makowski (Hans-Litten-Archiv)
Der Sommer 1935 bedeutete für
die illegale Rote Hilfe Deutschlands
(RHD) in München und in ganz Bayern
eine Zäsur. Als der Instrukteur Bruno
Lindner, der im Auftrag der RHD-
Grenzstelle in Zürich die Solidaritäts-
organisation in der Region erfolgreich
neu strukturiert hatte, im Mai 1935
wegen drohender Verhaftung in die
Schweiz flüchten musste, wurde Max
Troll zu seinem Nachfolger. Zur selben
Zeit setzten große Repressionswellen
ein, die immer mehr Rote-Hilfe-Grup-
pen in Südbayern erfassten und die
anfangs noch sehr stabilen Strukturen
schwächten.
„Die Wuppertal-Kampagne wurde übergeleitet auf die darauffolgen- den großen Prozesse“
Silke Makowski (Hans-Litten-Archiv)
Zu den beeindruckendsten antifa-
schistischen Solidaritätskampagnen,
die die Rote Hilfe Deutschlands (RHD)
Mitte der 1930er-Jahre initiierte, ge-
hören die vielfältigen Aktivitäten zur
Unterstützung der Angeklagten in den
Wuppertaler Gewerkschaftsprozessen.
Indem vor allem in den Niederlan-
den eine starke Bewegung um das
Wuppertal-Komitee aufgebaut wurde,
erhielten die illegalen RHD-Gruppen
der Region tatkräftige internationale
Hilfe.
„Die Rote Hilfe hatte in Schaffhausen Anlaufstellen, wo die Flüchtlinge hinkonnten“
Vor allem für Südwestdeutschland
stellte die Schweiz von Anfang an
einen wichtigen Bezugspunkt für die
antifaschistische Widerstandsarbeit
dar, nicht zuletzt für die Rote Hilfe
Deutschlands (RHD): Nach der Macht-
übertragung an die Nazis und dem
Verbot der Solidaritätsorganisation
im März 1933 hatten geflüchtete
Rote HelferInnen hier bedeutende
Exilstrukturen aufgebaut. Wie in an-
deren Nachbarländern unterhielt die
RHD auch in der Schweiz eine Grenz-
stelle, die anfangs in Basel, später
in Zürich ansässig war.
Als 1929 nach dem „Berliner Blutmai“ – einem mörderischen
Polizeiangriff auf die verbotenen 1.-MaiDemonstrationen mit
dutzenden Toten und hunderten Verletzten – der Rote
Frontkämpferbund (RFB) verboten wurde, folgten massive
staatliche Verfolgungen. Angesichts der zahlreichen
Verhaftungen, Prozesse und Verurteilungen von RFB-Mitgliedern,
für die die Rote Hilfe juristische und finanzielle Unterstützung
ebenso wie Öffentlichkeitsarbeit leistete, musste sich die
KPD-nahe Bewegung wieder stärker mit der Möglichkeit
eines Verbots befassen.
Vor 1933 spielte der kleine Bezirk Saargebiet eher eine
Nebenrolle in der Roten Hilfe Deutschlands (RHD). In
dieser spät industrialisierten und katholisch geprägten
Bergbauregion war die ArbeiterInnenbewegung erst
verzögert entstanden, und zudem prägten nationalistische
Töne die politische Debatte, seit das Saarland gemäß
des Versailler Friedensvertrags unter Völkerbundmandat
mit französischer Führung gestellt worden war. Da auch
die SPD erst im 20. Jahrhundert Fuß gefasst hatte und
die gewaltige Zahl der Arbeitslosen eher mit den
KommunistInnen sympathisierte, erlebte die KPD einen
enormen Aufschwung und stellte ab 1928 die zweitstärkste
Fraktion im Landesrat, übertroffen nur von der katholischen
Zentrumspartei.
Durch den Sonderstatus des Saargebiets, das bis Anfang
1935 unter dem Mandat des Völkerbunds stand, waren die
Nazis hier noch nicht ab 1933 an der Macht, weshalb die
Region nicht nur zu einem Fluchtziel vieler politisch
Verfolgter, sondern auch zur Drehscheibe des
Widerstands wurde. Von hier aus unterstützten alle
antifaschistischen Organisationen, darunter auch die
Rote Hilfe Deutschlands (RHD), die illegalen Gruppen
im Reichsgebiet organisatorisch, finanziell und mit
eingeschmuggelten Druckschriften. Für die RHD im
Saargebiet bildeten zudem die materielle Hilfe für die
EmigrantInnen sowie die Aufklärungsarbeit über den
NS-Terror zentrale Aufgaben.
Bereits vor der Gründung der Roten Hilfe Deutschlands (RHD)
im Herbst 1924 spielten Frauen eine zentrale Rolle in der
organisierten Solidaritätsarbeit. Mit der im Mai 1919 initiierten
„Münchner Frauenhilfe für politische Gefangene“ um Rosa
Aschenbrenner existierte zudem mehrere Jahre lang eine
rein weibliche parteienübergreifende Gruppierung, die
Hilfsgüter an die inhaftierten RäterepublikanerInnen und ihre
Familien verteilte.
Der Bezirk Berlin-Brandenburg, der
zeitweise auch Pommern umfasste,
war stets eine der stärksten Gliede-
rungen der Roten Hilfe Deutschlands
(RHD) und hatte im Sommer 1932 mit
95.021 Individualmitgliedern in 477
Ortsgruppen und hunderttausenden
BeitragszahlerInnen in Kollektivmit-
gliedschaften den Spitzenplatz inne.
Eine Eigenheit waren sicherlich die
extremen Unterschiede zwischen der
Metropole Berlin, die neben äußerst
aktiven Basisstrukturen auch den Sitz
des RHD-Zentralvorstands aufwies,
und den Ortsgruppen in den länd-
lichen Gebieten Brandenburgs und
Pommerns, die gegenüber der Haupt-
stadt in den Hintergrund gerieten.